Der Weg des Wassers

 
 

Schon seit früeher Menschheitsgeschichte, oder in allen bekannten Zivilisationen haben sich immer wieder Menschen, Philosophen gefragt "Wer bin ich?". Auch heute stehen Interessierte noch immer vor der gleichen spannenden Frage. Wir wissen, Aikido kann ein grosser Lehrmeister sein um sich dieser Frage zu stellen und um Antworten zu finden. Immer wieder können wir uns im Training mit unserem Zentrum, unserer Haltung, unserem Selbst in Beziehung zu unseren Partnern auseinandersetzen.

Wir können uns über kinästhetische, energetische, propriozeptive Rückmeldungen, auch über unsere Partner, besser kennenlernen, unsere blinden Flecken entdecken. Unsere Partner sind wichtige KAtalysatoren um hinter unsere Struktur zu sehen, uns zu spiegeln und um zu erkennen eben was wir sind. Es ist aber sicher falsch diese Qualität nur dem Aikido zuzusprechen. Wer kennt nicht sogar das Buch "Zen and the Art of Motocycle Maintenance", oder warum nicht "Der Weg des Wassers".

Im Wilderwasserfahren, dem Befahren von Wildwasserflüssen mit dem Kajak, kann man Ähnliches entdecken oder erfahren wie im Aikido. Die Fahrtechnik ist sehr komplex und nicht einfach zu erlernen. Ohne guten Lehrer oder Lehrerin ist es sehr schwierig wirklich Fortschritte zu machen. Das Lesen des Wassers und das intuitive Spüren der Strömungskräfte braucht grosse Erfahrung.

Das Wasser, seine Kräfte sind ein verlässlicher und unparteiischer Partner. Das Vertrauen in die BegleiterInnen ist eine Grundvoraussetzung für erfolgreiche Flussbefahrungen. Ein besonders wichtiger Aspekt zeigt sich im komplizierten Zusammenspiel von der Übertragung der Kräfte vom Boot zum Fahrer über Zentrum, Muskeln, Paddel zum Wasser. Wenn die Aktionen nicht aus dem Zentrum gesteuert werden, vermag der Fahrer schnell die Koordination nicht mehr aufrechthalten. Jeder Fehler wird kompromisslos beantwortet. Ein Bad ist unumgänglich. Hier heisst die Rolle "Eskimorolle". Die Welt ist eine andere unter Wasser. Nerven, Erfahrung, Spüren, Technik und man ist wieder oben. Meine ganz zentrale Empfindung ist hier ähnlich wie bei Awase-Übungen oder eben im dynamischen Trainieren im Aikido. Nur wenn der Kontakt zu den Wasserkräften fein gespürt und kontrolliert ist vom Zentrum, Körper, Paddel zum Wasser ist die ungeheure Kraft dieses Elements zu unseren Diensten. Dann ist es ein Spiel mit enormer Beschleunigung, Lust, Freude und tänzerischer Eleganz. Wenn nicht, droht Untergang, mindestens für kurz, Schmerz uhd Slapstick. Helfende Hände oder Rettungssteile sind willkommen. 

Viele Muster wiederholen sich, egal ob Aikido, Alltag oder Kajak. Mustermann kann alles mit Kraft lösen, bis ihn die Schwierigkeiten des Flusses einholen. Das sind schwierige Lektionen, die Mann in die iefen des Unterbewusstseins und in die Tiefen des Wassers führen. Musterfrau traut sich lange nicht, obwohl die Technik überlegen wäre. Es ist nicht einfach sich von alten Mustern zu verabschieden. Das Ego und immer wieder das Ego. Die Verletzungsgefahr ist gross, wenn man sich ausserhalb seiner Möglichkeiten bewegt. Wird man nach dem Dangrad oder gefahrenen Schwierigkeitsgraden beurteilt?! In beiden Sportarten lohnt es sich, sich mit sich selber auseinanderzusetzen, aber natürlich nicht seine Weltsicht zur allgemeinen machen. Es ist gut, fundiert zu lernen. Aufmerksam sein, Rückmeldungen ernst nehmen und Hilfe akzeptieren bringen grosse Fortschritte.

Interessant ist, dass man in der Laufbahn vom Aikido wichtige Erkenntnisse über sich gewinnt, Fortschritte macht und wirklich persönliche Schwierigkeiten überwindet. Es kann aber durchaus sein, dass man den gleichen Mustern im Kajakfahren, Kindererziehen, Gi Gong oder was auch immer wiederbegegnet. Nicht immer sind diese Muster weg und verarbeitet. Sie verstecken sich bisweilen und warten auf die nächste Gelegenheit um sich wieder zu zeigen. Das Ego ist ja schliesslich immer gleich schlau wie man selbst. Das kann ja auch eine wichtige Entdeckung sein. Mit der Zeit geht es dann auch ein wenig schneller mit Akzeptieren.

Belohnt wird man beim Kajakfahren wie auch im Aikido mit viel Freude, Bewegungslust, Erkenntnissen über das eigene Ich, dem Wahrnehmen der unendlichen Kräfte der Elemente und des Universums. 

 

Haeder Lee
2012